„Wir haben einen Arbeitskräftemangel“

Olaf Mittelmann Foto: rdr
Artikel vom: 10.02.2025
Region (rdr) - Olaf Mittelmann ist der Geschäftsführer des Landesverbands Verkehrsgewerbe Bremen e. V.. Im Interview erklärt er unter anderem, vor welchen Herausforderungen die Logistikbranche steht.
Was sind Ihre Aufgaben?
Olaf Mittelmann: Wir vertreten die Interessen unserer Mitglieder, insbesondere der Unternehmer mit Lkw über 3,5 Tonnen Gesamtgewicht.
Welche Herausforderungen sind aktuell besonders groß?
Wir merken, dass es vielen Unternehmen wirtschaftlich nicht gutgeht. Sie stehen unter Druck. Bei sinkenden Frachtraten und steigenden Kosten ist der Sparzwang sehr hoch. Es ist schwierig, diese Belastungen an die Kunden weiterzugeben. Dazu kommt eine marode Infrastruktur, so dass Unternehmen nicht das schaffen können, was sie einer bestimmten Zeit wollen. Das ist unwirtschaftlich. Schauen wir nach Bremen-Nord, Stichwort A270. Es ist nicht abzusehen, wann ein Ende der Bauarbeiten erreicht wird. Das ist extrem für alle, die hierherkommen oder von hier wegfahren. Geld zu verdienen, wird so noch schwieriger.
Sind das Senken von Schadstoffemissionen und Elektromobilität auch in der Branche ein Thema?
Einem Unternehmer ist es in der Regel egal, ob er mit Rapsöl oder Apfelsaft anstatt mit Diesel fährt – wenn das günstiger ist. Vor einiger Zeit gab es günstiger Biodiesel, der aber besteuert und teuer wurde. Dann haben einige auf LNG-Fahrzeuge umgestellt. Doch durch die Krise in der Ukraine kostete das Flüssigerdgas plötzlich das Vier- bis Fünffache. Es war so teuer, dass viele Unternehmer fast pleite gegangen wären. Alle Kraftstoffe stehen in Konkurrenz zum Diesel. Wenn man E-Mobilität bei Lkw einführen will, wird das ebenfalls teurer. Und wer trägt den Mehrpreis?! Das macht ein Kunde nur, wenn er seinen CO2-Fußabdruck verbessern möchte. Dazu sind öffentliche Schnellladepunkte für Lkw sehr, sehr selten.
Gibt es Probleme bei der Nachwuchsgewinnung?
Ja, das ist ganz schwierig. Und wir haben nicht nur einen Fachkräfte-, sondern einen Arbeitskräftemangel. Das Image des Berufs Kraftfahrer ist schlecht. Dabei ist die Wahrnehmung falsch. Viele Menschen denken, die Fahrer sind tagelang unterwegs und kochen ihr Essen unter dem Lkw. Aber da, wo auf dem Rastplatz die Unterhosen am Fahrzeug trocknen, sind die Fahrer in der Regel bei ausländischen Unternehmen beschäftigt, die unter prekären Bedingungen arbeiten – schlecht bezahlt und tagelang unterwegs. Fahrer, die bei deutschen Unternehmen angestellt sind, die sind meistens abends und am Wochenende zu Hause. Zwei Drittel von ihnen sind ohnehin im Regionalverkehr unterwegs und beliefern zum Beispiel Supermärkte oder Baustellen. Aber der Bürger sieht mehr den Lkw auf der Autobahn. Es ist auch schwierig, Quereinsteiger für den Beruf zu gewinnen, denn die Kosten für den Führerschein liegen bei 8000 bis 10000 Euro. Führerscheine aus dem Ausland sind in Deutschland in der Regel ein halbes Jahr gültig und werden dann nicht mehr anerkannt. Dazu muss man ab dem ersten Tag eine Berufskraftfahrerqualifikation haben, für die 140 Unterrichtsstunden und die Prüfung vor der Handelskammer notwendig sind.
Wie unterstützen Sie Ihre Mitglieder konkret?
Wir informieren über gesetzliche Änderungen, über Neuigkeiten oder beispielsweise, was zu beachten ist, wenn jemand nach Österreich oder in die Niederlande fährt. Themen sind auch Umweltplaketten, Fahrverbote oder Mautsysteme. Dazu fördern wir das Netzwerken unter den Mitgliedern und geben Informationen zu Rechtsthemen. Ferner gewähren wir Einkaufsrabatte für gewisse Leistungen. Das Wichtigste ist aber die Interessenvertretung vor dem Senat in Bremen, vor der deutschen Regierung oder in Brüssel.
Welche Probleme treiben die Fahrer in Deutschland um?
Der Stress auf der Straße, Staus und die Verkehrsdichte treiben Fahrer und Unternehmer fast in den Wahnsinn. Nichts ist mehr zuverlässig planbar. Es gibt viele ungelöste Punkte wie zum Beispiel die Lesumbrücke. Das macht dem Gewerbe sehr zu schaffen. Ich bin ja froh, dass die Regierung und die Autobahn GmbH marode Straßen und Brücken endlich angehen – das ist über Jahre verschlampt worden. In den nächsten fünf, sechs Jahren werden wir uns wohl auf arg große Einschränkungen einstellen müssen. Das wird sehr anstrengend.
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