Ende nach 98 Jahren
Otto & Sohn schaut auf eine lange Geschichte zurück. 2027 hätte der 100. Geburtstag gefeiert werden können. Foto: rdr
Artikel vom: 27.01.2025
Vegesack (as) – 2027 wäre Otto & Sohn 100 Jahre alt geworden. Nun schließt die renommierte Buchhandlung Ende August, die 2021 für ihr umfangreiches Engagement mit dem ersten Bremer Buchhandlungspreis ausgezeichnet wurde.
„Dass Sie uns bloß erhalten bleiben“, habe er oft gehört, berichtet Inhaber Martin Mader. „Wir gehen erhobenen Hauptes“, sagt er. Das heißt, ohne Insolvenzverwalter, ist ihm wichtig. Voriges Jahr sei noch gut gelaufen, Weihnachten sei schwierig gewesen, der Januar eine Katastrophe. „Wir haben viel gemacht und probiert“, blickt er auf die Zeit seit 2015 zurück, als ein Mitbewerber in Vegesack eröffnete.
Drei Faktoren seien ihm immer wichtig gewesen: Gesundheit, Spaß an der Arbeit und Wirtschaftlichkeit. Letztere sei nun nicht mehr gegeben.
Am Herzen liege ihm, dass sein Team gut unterkomme. Einige seiner Mitarbeiterinnen arbeiteten schon länger in der Buchhandlung als er. Ihnen seine Entscheidung mitzuteilen, sei der „härteste Gang für mich gewesen, den ich hier gehen musste“.
Martin und Sabine Mader sind 1992 bei Otto & Sohn eingestiegen. Zu der Zeit habe die Buchhandlung in jedem der drei Lehrjahre einen Auszubildenden gehabt. „Da waren der Standort, aber auch die Welt anders. Da hatte der Buchhandel einen anderen Stellenwert.“
2000 hätten er und seine Frau, die gelernte Buchhändlerin ist, das Geschäft quasi „in fünfter Generation“ übernommen. „Wir haben einige Klippen umschifft“, sagt Martin Mader und benennt die Vulkan-Pleite, die Eröffnung des Haven Höövt und den Zuzug des Konkurrenten.
Er ist 64, wird im März 65, hätte aber gern länger gearbeitet. Einen Nachfolger gebe es nicht, auch wegen des Mitbewerbers. „Der Buchhandel insgesamt ist schwieriger geworden.“ Das liege daran, dass viele nicht mehr lesen, die Menschen das Geld zurückhalten und lieber auf Taschenbücher warten, anstatt eine Erstauflage im Hardcover zu kaufen. Helfen würden nur ein Lottogewinn oder Crowdfunding. Für die verbleibende Zeit wünscht er sich, mit den Kunden im Gespräch zu bleiben. Zudem soll ein Stehpult mit einem Gästebuch aufgestellt werden, in das Grüße, Anekdoten und Wünsche geschrieben werden können. „Wir hoffen, dass uns die Kunden bis zuletzt treu sind“, so der Buchhändler. Im Frühjahr wollen er und sein Team neue Bücher einkaufen, und über eine Million Titel könnten weiterhin über Nacht besorgt werden.
„Wir haben viel für Vegesack gemacht“, erinnert Martin Mader: die Marmeladenaktionen mit 1000 verkauften Gläsern, die Kalender mit Motiven von Fotografen aus der Region, die Bücher, die Seebär-Geschichten, die Buchhandlungsbewohner Booky und Herr Holtermann, die Otto-Verleihung, die YouTube-Beiträge während der Corona-Zeit...
Bei Aktionen für den Standort dabei zu sein, sei ihm immer wichtig gewesen, so der Buchhändler, der sich auch für das Heimatshoppen eingesetzt hat. In den kommenden Monaten will er „Literatur erzählt“ mit 16 Angeboten und drei Gastlesern noch fortsetzen; 1048 Gäste hätten die Erfolgsserie im vergangenen Jahr besucht.
„Ich hoffe, dass meine Leute gut unterkommen, Vegesack eine gute Entwicklung für sich findet und wir mit einem Glas Sekt den Laden abschließen“, so Martin Mader, der dem Stadtteil als Bewohner treu bleiben will. „Wir haben alles gegeben, was ging, und manchmal noch ein bisschen mehr.“
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