Jugendliche erklären uns Social Media
Die Oberstufenschüler mit ihrem Musiklehrer Niclas Bergmann. Fotos:Gymnasium Vegesack
Artikel vom: 18.02.2025
Vegesack (nik) – Der Musiklehrer Niclas Bergmann vom Gymnasium Vegesack hat allen Grund, stolz auf seinen Oberstufenkurs zu sein: Die Schüler haben über das vergangene Jahr hinweg Lieder geschrieben, ein Bühnenbild gestaltet, sich ihre Rollen angeeignet und schließlich ihr Musical „Mindchanges“ erfolgreich zur Aufführung gebracht. Der Musikkurs hat uns ausführlich von den Erfahrungen bei dem Projekt erzählt und aufgeklärt: Welche Rolle spielt Instagram im Alltag von Jugendlichen?
„Man versucht vor allem, sich so darzustellen, wie man will, dass die anderen einen sehen“ wird die App auf den Punkt gebracht. Was sich im Stück abspiele, sei aber bewusst überzeichnet. Schnell ist klargestellt, dass die Jugendlichen einen reflektierten Umgang mit Social Media pflegen. Sie nennen 12 bis 14 Jahre als ein Alter, in dem man noch stark beeinflussbar sei. Eine Schülerin bringt es mit dem treffenden Begriff „passiver Gruppenzwang“ auf den Punkt. Ist man dann dabei, wird man mit teils absurden Schönheitsidealen konfrontiert, die eine normative Wirkung entfalten. Dafür wollten sie Aufmerksamkeit erzielen. „Ich glaube, das wirkt nur wie ein Mädchending, weil Mädchen mehr von sich selber posten“, sagen zumindest die Mädchen. Von einem pauschalen Handyverbot in der Schule halten die Jugendlichen nichts. Erstmal gebe es das bereits, außerdem seien sie zu eigenverantwortlichem Handeln fähig.
Beim Üben stellten die Schüler fest, dass der Schlüssel zur überzeugenden Darstellung war, ihre Figur nicht allzu ernst zu nehmen: „Wenn man sich zu ernst nimmt, dann kann das auch unangenehm werden.“ Für die etwas suspekte Figur des Jonas Pascal gebe es kein reales Vorbild im Schulleben, der sei eher so eine Type, wie man sie aus den Kommentarbereichen kenne.
An manchen der Lieder haben sie in unterschiedlichen Versionen wochenlang gearbeitet, andere seien nach nur einer halben Stunde bereits fertig gewesen. Die meisten Lieder sind dabei am Klavier entstanden, manchmal kam auch die Gitarre zuerst. Die weiteren Instrumente bauen dann darauf auf. Bestimmte Sounds werden mit verschiedenen Figuren verbunden. Man brauche nicht unbedingt erst einen Text, um die Melodie zu finden, manche Texte hätten sich auch während der Planungen noch verändert. Ein Dankeschön-Song für Niclas Bergmann wurde als Zugabe nach der zweiten Aufführung gespielt, was der engagierte Lehrer sehr berührend fand. „Ein ganz großer Faktor war, dass wir viel Unterstützung beim Gesang bekommen haben“ bedanken sie sich zudem sowohl bei Stephanie Löschmann (Stimmbildung) als auch bei Carola Romanus (Darstellendes Spiel). Deutlich wird, dass sie den Reflektionsprozess, der sich auf der Bühne abspielt, umfassend erörtert und so in gewisser Weise selbst durchlaufen haben. Entgegen der konfrontativen Dynamik einiger Szenen scheint das Projekt den Zusammenhalt unter den Schülern gefestigt zu haben. „Es war toll, dass jeder seine Interessen und Stärken voll ausspielen konnte. Für uns alle war dieses Projekt das, was Schule ausmachen sollte.“
Wichtig war ihnen, für die Aufführungen keinen Eintritt zu nehmen: Sie geben zu bedenken, was eine fünfköpfige Familie ausgeben muss, um etwa gemeinsam den „König der Löwen“ zu erleben. Das sei der Zugänglichkeitsfaktor. So konnten nun viele kleine Geschwister regelrecht mitfiebern, und in der Spendentrommel kam nach den Vorstellungen einiges zusammen. Der Applaus sprach für sich, aber: „Ob wir wussten, dass das gut wird? Ja, wir hatten da so ein Gefühl.“ Bekannte aus ganz anderen Stadtteilen hätten sogar den Wunsch gehabt, die Schule zu wechseln, um beim Musical mitmachen zu können. Wer sich nun ärgert, nicht dabei gewesen zu sein, sollte es sich sofort im Kalender anstreichen: Am 26. und 27. März jeweils um 18.30 Uhr in der Schulaula wird „Mindchanges“ nochmals aufgeführt. Der Eintritt ist frei!
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