Baggerarbeiten für eine Million Euro
Wasserbauingenieur Hans van Assen vorm Schulschiff Deutschland.FOTO: RDR
Artikel vom: 05.05.2021
Vegesack – Hans van Assen wurde 1946 in den Niederlanden geboren, lebt aber seit 1968 in Bremen. Seit 1971 hat der Wasserbauingenieur an zahlreichen Projekten in Bremen mitgewirkt; unter anderem als Kalkulator, Bauleiter und Prokurist einer Wasserbaufirma an der Umgestaltung des Vegesacker Hafens und der Uferpromenade. Interessiert verfolgt der Nordbremer die Pläne zum Umzug des Schulschiffs Deutschland nach Bremerhaven.
Das BLV: Welcher Aufwand wurde betrieben, um das Schulschiff nach Vegesack zu verholen?
Hans van Assen: Der Liegeplatz wurde genau auf die Schulschiff Deutschland zugeschnitten. Die Anlegedalben stehen so, dass sie nicht mit den Leinen der Takelage in Konflikt kommen. Der Zugangssteg mit der Gangway wurde so positioniert, dass die Gangway genau auf der bei der Schulschiff Deutschland vorbestimmten Stelle aufliegt. Es wurde eigens für die Deutschland eine mit einer Unterwasserspundwand eingefassten Grube in die Lesumsohle gebaggert, um die nötige Wassertiefe herzustellen. Das entstandene Unterwasserhindernis musste für die Schifffahrt gekennzeichnet werden. So sind zusätzlich drei Begrenzungsdalben – ausgestattet mit Beleuchtung, Leitern für die Wartung, Beschilderung und Seezeichen zur Fahrwasserseite – gerammt worden. Dazu ein Begrenzungsdalben direkt am Ufer. An Land wurde die Infrastruktur mit entsprechenden Spezialgeräten für Wasser, Strom und Abwasser geschaffen. Die Davitanlage mtz dem Rettungsboot wurde auf einem extra auf der Böschung hergerichteten Vorsprung voll funktionsfähig aufgestellt. Sämtliche Kosten wurden von der STAVe, heute die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) übernommen.
Das BLV: Aufgrund der Versandung musste die Liegegrube etwa alle zwei Jahre ausgebaggert werden...
Hans van Assen: Die Versandung der Grube wurde auf diverse Arten beseitigt. Mittels Taucherarbeit und Injektor, mittels „Sandpumpe“ und Kranhilfe sowie per Greifer- und Saugbaggerung. Die Schulschiff Deutschland liegt jetzt 25 Jahre in der Lesum. Rechnet man für die Einsätze jeweils mit 20000 bis 50000 Euro, haben alleine die Baggerkosten den Bremer Steuerzahler schon rund eine Million Euro gekostet – bezahlt aus dem Topf der WFB.
Das BLV: Wenn der Schulschiffverein den Liegeplatz in der Lesummündung aufgibt, was hätte das zur Folge?
Hans van Assen: Dann muss die hierfür bestehende Genehmigung an das Wasser- und Schifffahrtsamt Bremen zurückgegeben werden. Die Folgen wäre, dass, wie die Genehmigung besagt, die Liegegrube zurückgebaut werden muss. Über 100 Meter Unterwasserspundwand müssten mit schwimmenden Gerät gezogen werden, die Begrenzungsdalben der Grube mit Beschilderung und Beleuchtung sowie die Festmachedalben müssten entfernt werden. Hunderttausende Euros aus Steuermitteln wären für den Rückbau erforderlich.
Das BLV: Die WFB wirbt auf ihrer Homepage für einen Besuch des Schulschiffs. Können Sie nachvollziehen, warum sich die WFB, die ja auch für die Entwicklung der Maritimen Meile zuständig ist, nicht eindeutig für einen Verbleib des Schulschiffs am Standort Vegesack ausgesprochen hat?
Hans van Assen: Dass die WFB sich nicht für den Standort Vegesack stark macht, ist unverständlich. Nach all diesen Investitionen muss die Wirtschaftsförderung eingestehen, dass die „Maritime Meile“ nach dem Scheitern der Gläsernen Werft tot ist. Damit hat Vegesack als „ältes-ter künstlicher Hafen“ keinen touristischen Mehrwert. Die Schulschiff Deutschland ist das einzige Objekt, mit dem man mit Gästen auf einem Spaziergang an der Lesum eine Sehenswürdigkeit hatte.
Das BLV: Wäre es ohne Weiteres möglich, ein „Ersatzschiff“ an diesen Liegeplatz zu holen?
Hans van Assen: Es ist fraglich, ob die die Abstände der Anlegedalben und der Zugangssteg passen würden. Wenn kein Ersatz gefunden wird, dann müsste die gesamte Anlage mit Steg, Dalben, Unterwasserwand, Davitanlage soweit zurückgebaut werden, dass keine Gefahr mehr für die durchgehende Schifffahrt und Öffentlichkeit besteht.
Das BLV: Der Verein konnte den Vereinszweck – Erhalt des Schiffes – laut Vorstand nicht schaffen. Was wäre für Sie die Konsequenz?
Hans van Assen: Wenn der Verein jährlich 60000 Euro zu wenig einnimmt, um das Schiff erhalten zu können, sollte der Verein Insolvenz anmelden – wie jeder andere Verein, dessen Zahlungsfähigkeit nicht gegeben ist. Das Schiff kann vom Insolvenzverwalter meistbietend verkauft werden. Von dem Geld könnten dann die Kosten für den Rückbau des Liegeplatzes bezahlt werden als Wiedergutmachung der „Folgeschäden“..
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